Art Basel Statements
Erschienen in Monopol im Juni 2019
EJ HILL / COMMONWEALTH AND COUNCIL
Aushalten, Durchhalten, das kann er. Im vergangenen Jahr umrundete EJ Hill im Laufschritt sechs der sieben Schulen, die er in Los Angeles besucht hatte, und stellte sich anschließend im Hammer Museum auf ein Siegerpodest. Dort blieb er während der gesamten Öffnungszeiten der Ausstellung „Made in L.A.“ stehen. Stundenlang, tagelang, wochenlang. Hill präsentierte sich als Sieger, als Sieger über das US-amerikanische Schulsystem, in dem er sich als schwarze, queere Person nie ganz frei gefühlt hatte.
EJ Hill, geboren 1985 in Los Angeles, beschreibt in seinem Artist Statement das, was ihn umtreibt, wie folgt: „Ich interessiere mich dafür, wie Körper in unterschiedlichen sozialen und kulturellen Kontexten geformt, verstanden und bewertet werden, genauer gesagt, wie diese die Parameter definieren, die bestimmen, welche Körper frei existieren dürfen.“ In seiner Installation für die Statements der Art Basel beschäftigt sich Hill wieder einmal mit Bildungsinstitutionen der USA, jedoch indem er für diese eine inklusivere spekulative Zukunft entwirft: Mit verschiedenen Objekten gestaltet er einen Seminarraum einer imaginären Universität, benannt nach dem 2014 von Polizisten getöteten afroamerikanischen 12-jährigen Jungen Tamir Rice.
ALVARO URBANO / CHERT LÜDDE
Das Spiel mit Realität und Fiktion beherrscht Alvaro Urbano mit Leichtigkeit. Urbano, der 1983 in Madrid geboren ist und dort zunächst Architektur, später in Berlin an Olafur Eliassons Institut für Raumexperimente studierte, versteht es, in seinen Rauminstallationen und Performances Zwischenwelten von prekärem Charakter zu kreieren. So verwandelte er etwa 2017 seine Berliner Galerie Chert Lüdde in ein fiktionales, verlassenes Büro, samt künstlichen Wänden und täuschend echt aus nachgebildeten Zimmerpflanzen und Briefumschlägen. Für die Art Basel begibt Urbano sich nun unter die Kunstfälscher. Er recherchierte Kunstwerke aus unterschiedlichen Epochen, die aus dem einen oder anderen Grund nicht mehr existieren, zumindest nicht für die Allgemeinheit: weil sie zerstört wurden – zum Teil von ihren Schöpfern selbst –, weil sie gestohlen wurden, weil sie nicht konserviert werden konnten oder weil sie zensiert wurden. Urbano reproduziert sie allesamt aus Holz und Metall und wird sie wie auf einer Theaterbühne als Ensemble arrangieren. Der Clou: Nach und nach und mit jedem Tag der Messe verschwinden die von Urbano hochbeschworenen Geister der verlorenen Werke noch einmal.
FARAH AL QASIMI / THE THIRD LINE
Farah Al Qasimi ist eine genaue Beobachterin, deren Interesse vornehmlich Fragen des Einrichtungsstils sowie Schönheitsidealen in den Golfstaaten gilt. „Ich glaube, dass Ästhetik politisch ist“, sagt die Fotografin. „Ich möchte wissen, warum Dinge so sind, wie sie aussehen – und inwiefern einfache Entscheidungen über Farben oder Muster zum Ausdruck bringen können, wie und von wem etwas genutzt wird.“ Al Qasimi wurde 1991 als Tochter eines emiratischen Vaters und einer libanesisch-amerikanischen Mutter in Abu Dhabi geboren, wuchs in den Emiraten wie den USA auf, absolvierte ihren MFA in Yale, pendelt heute zwischen New York und Dubai. Kein Wunder, dass sich Fragen der Zugehörigkeit auf mannigfaltige Weise in ihren fein komponierten Bildern widerspiegeln. Inspiration findet sie dabei unter anderem in der niederländischen Porträtmalerei der Renaissance oder der französischen Genremalerei des 19. Jahrhunderts, deren Codes sie auf ihre aktuellen Alltagsbeobachtungen aus der Golfregion übertr.gt. So auch in den Arbeiten, die Al Qasimi in Basel zeigen wird, in denen sie Spuren westlichen, vor allem britischen Einflusses im Stil von Vorhängen, Parfümflaschen oder handgeschnitzten Früchten nachsinnt.