Kolumne vom 11. Mai 2017
Zwei Wochen ist das große Kunstwochenende schon her, und noch immer steht viel zu viel auf meiner To-do-Liste. Stattdessen aber erst mal ein Blick zurück. Nicht in die ersten Maiwochen jedoch, sondern in den Beginn der 1930er Jahre. Dorthin versetzt einen nämlich Robert Kuśmirowski in der Galerie Zak Branicka. Er hat die Räumlichkeiten der Galerie in das zurückverwandelt, was sie einst waren: in die Zentrale der Lufthansa samt Reisebüro. Man findet sich also wieder zwischen Büromöbeln und dunklen Tresen, Flugplänen, Weltkarten, Tropenhelmen, Bildern des Flughafens Tempelhof und in einer Zeit, geprägt vom Traum des Fliegens, aber auch des aufziehenden Faschismus. Subtile Fälschungen durchfasern die Rekonstruktion des historischen Ortes, ein Suchspiel für aufmerksame Besucher_innen und eine Probe aufs Exempel für die Kraft des kollektiven Gedächtnisses (bis 2. 9., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Lindenstr. 35).
Rechts oder links? Der Ausstellungsbesuch bei Chert beginnt mit einer Entscheidung, die einmal getroffen nicht zurückgenommen werden kann. Was daraus folgt, erfährt man aber erst hinterher. Man kennt das von der großen Politik mit ihren binären Diskursen, Künstlerin Kasia Fudakowski erst recht, sie lebt in Großbritannien. Fudakowskis „Sexhibition“ erstreckt sich dennoch auf die Räume hinter beiden Türen, sehen wird man sie aber nie ganz, höchstens man kommt zweimal. Was sich hinter den beiden Türklinken verbirgt? – Achtung Spoiler! – Auf der einen Seite hängen hölzerne Brüste an Bambusruten, auf der anderen Penisse. Sie sind Ausdruck von Fudakowskis Auseinandersetzung mit ihren Idolen Lee Lozano und Andy Kaufman. Die beiden je auf ihre Art und Weise radikalen Künstler hat sie sogar zu Protagonisten eines Pornoromans gemacht, „Info-Fuction“, Fudakowskis ersten Buchs (bis 17. 6., Di.–Sa. 12–18 Uhr, Ritterstr. 2A).
Wie im letzten Sommer bereits in den Hamburger Dammtorhallen zeigt Andreas Slominski in der Galerie Neu Arbeiten, die er aus Bauteilen von Dixi-Klos zusammengesetzt hat. Die gleichen sind es aber natürlich nicht. Draußen wächst eines horizontal wie ein Pickel aus der Gebäudewand heraus. Im Inneren hängen sie in knallbunten Farben wie Bilder im White Cube, teilweise überdeckt mit versatzstückartigen Plastikteilen, auf denen mal Körperteile, mal Alltagsobjekte zu entdecken sind. „Transhumanistisch“ hat Slominski seine Ausstellung genannt und setzt damit dem Aberwitz der Installation noch eine Krone auf. Auch Duchamp hätte an ihr wohl seinen Spaß gehabt – oder sich doch nur vorgeführt gefühlt? (bis 2. 6., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Linienstr. 119 abc).