Kolumne vom 13. April 2017

Griff indie Plattitüdenkiste: Emotionen können anstrengend sein. Wut etwa vermag selten Gutes zu bewirken, außer vielleicht, man nutzt sie als Triebkraft für das Schaffen von Kunst, so wie das Maria Nitulescu getan hat, zu sehen in der Galerie des Rumänischen Instituts. Nitulescu wollte ihre Gefühle einfangen, inÖl und in Tinte. Wellenlinien ziehen sichüber einen über fünf Meter langen Papierstreifen; „Cardiographium“, die zentrale Arbeit, ist der Versuch einer Abbildung des Herzklopfens der Künstlerin, die dann doch beruhigend eintönig erscheint (bis 12. 5., Di.–Fr. 12–18 Uhr, Reinhardtstr. 14).

Der Farbton Weiß in all seinen Abstufungen spielt die Hauptrolle im Einrichtungsstil Shabby Chic, den die Kalifornierin Rachel Ashwell bereits in den 1980er Jahren erfand und der alsbald als Trend nach Europa schwappte und es sich dort bequem machte. Behaglichkeit wird im Shabby Chic über scheinbare Makel zelebriert, bestenfalls mit Flohmarkt- oder Erbstücken mit Geschichte und Rissen im zuckergussfarbenen Lack. Kaufen kann man die Objekte allerdings auch fabrikneu, aber künstlich gealtert, zum Beispiel in Katalogen oder Onlineshops, auf deren Werbebildern schöne Menschen wie beiläufig posieren. Timothy Davies hat diese ausgeschnitten und auf stilecht nachlässig geweißelte Holzbretter geklebt. Die passen gut zu den abgenutzten Heizkörpern im Garagen-Projektraum Mavra, nur dass die gewiss keiner extra mit Schmirgelpapier bearbeitet hat. Dazwischen Fotografien von Kreuzberger Geschäften und Gaststätten, aufgenommen gegen die Schaufensterscheibe, sodass innen und außen verschmelzen, bemalt mit Borten niedlicher weißer Vögel. Das kleine, häusliche Glück, gespiegelt in sich selbst – kaum auszuhalten (bis 30. ., nach Vereinbarung: mail@mavra.info, Möckernstr. 68).

Wenig behaglich sind auch die meisten der Techno-Fantasien, denen sich die Künstler_innen der Gruppenausstellung bei Loris, kuratiert von Anna-Viktoria Eschbach und Antonie Angerer vom Beijinger Projektraum I: project space, widmen. Martin Kohout verteilt körperlose künstliche Hände, gammelig verfärbt, aber überhygienisch verpackt. Anahita Razmis hübsch bedruckte Tapeten und Teppiche, „Wall Links Floor Links“ haben ihre Naturmotive von der Website www.peyvandha.ir ausgeborgt, auf die User im Iran umgeleitet werden, wenn sie geblockte URLs eingeben. Hoffnungsfroher da vielleicht noch Dongyoung Leesund Michiel Hilbrinks „Ersatz Romans“, simple Substitute gemeinschaftsstiftender Denkmäler, wenn man nur wüsste, auf welchem Mythos sie gründen (bis 1. 4., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Potsdamer Str. 65).