Kolumne vom 31. Mai 2018

Was den gipsüberzogenen Frauenfiguren, die Rebecca Ackroyd bei Peres Projects herumlungern lässt, wohl durch den Kopf geht? Wahrscheinlich wenig Erbauliches. Mit Helmen und Sonnenbrillen scheinen sie sich vor irgendetwas schützen zu wollen, auf das sie zwischen verschlossenen Geschäften mit heruntergelassenen Jalousien und mit Feuer bedruckten Riesenmuscheln zu warten scheinen. Am bedrohlichsten aber wirken die fensterförmigen Löcher an Beinen, Brust und Unterleib der Figuren selbst, die ins blutrote Innere, bis auf den Grund blicken lassen. Die Künstlerin beschwört mit Bildern wie aus einem postapokalyptischen Sci-Fi-Film Fragen nach dem Außen und Innen, nach Öffnung und Ausschluss, Selbstschutz und Furcht hervor, die sich dann doch als Anspielungen auf aktuelle politische Diskurse entpuppen: 2018 UK bzw. EU steht auf den Jalousiekästen (bis 15. 6., Mo.–Fr. 11–18 Uhr, Karl-Marx-Allee 82).

Erst kürzlich wurde verkündet, dass Laure Prouvost den französischen Pavillon der Venedig Biennale 2019 bespielen werde. Die Vorfreude darauf verkürzt ein Besuch in der Studiogalerie, Haus am Lützowplatz, wo Prouvost gemeinsam mit sieben weiteren Künstlerinnen ihren „Female Gaze“ schweifen lässt. Bei Prouvost fängt dieser lustvolle Bilder eines zeitgenössischen Arkadiens ein, wo pralle Erdbeeren zwischen Lippen verschwinden, die eben noch geküsst haben, wo Schmetterlinge herumflattern, Bäche plätschern, Grillen zirpen, Badende sichnackt vergnügen. Es ist ein Kontrapunkt zu den anderen Arbeiten, die sichzumeist mit dem drohenden Verlust von Jugend und Schönheit, mit weiblichen Rollenbildern und widersprüchlichen Idealen beschäftigen (bis 17. 6., Di.–So. 11–18 Uhr, Lützowplatz 9).

Eher am männlichen Blick orientierte sichdie Darstellung der damals 15-jährigen Brook Shields, die Richard Avedon 1981 für eine Jeans-Werbung von Calvin Klein ablichtete. Kelley Walker hat die Kampagne eingescannt und per Photoshop neu zusammengesetzt, verfremdet, verzerrt. Das ist Walkers Methode, die Verführungskunst populärer Bilder und den Zeitgeist vergangener Jahrzehnte zu filetieren,um den heutigen darin zu spiegeln. Die Werbebilder der jugendlichen Schauspielerin sorgten in den 1980ern für Aufruhr. Bald 40 Jahre später funktionieren Bilder anders, prasseln im Rausch auf unsein. 2018 posierten die Kardashian-Schwestern für Calvin Klein inUnterwäsche, falls sichnoch irgendwer erinnert. Auch bei Capitain Petzel dreht sich die Discokugel zwar noch, aber sie wirft keine Lichtpunkte mehr in den Raum – sie ist aus Schokolade (bis 9. 6., Di.–Sa. 11–18, Karl-Marx-Allee 45).